Der Sonnenofen

Schon vor der Unabhängigkeit war offensichtlich, dass die neue namibische Regierung vor riesigen Problemen stehen würde. Eins davon waren die damals sich wiederholenden Dürreperioden, die Vernichtung des Baumbestandes durch die südafrikanischen Soldaten, weitere notwendige Baumfällungen für neue Wohnstätten, der Klimawandel und die Ausbreitung der Wüste.

Wir beobachteten, dass die Frauen kein Holz zum Sammeln mehr fanden und Holz zum Kochen auf dem Markt kaufen mussten. Dafür zogen Kolonnen von Männern aus und rodeten flächendeckend die letzten Waldbestände, die der Krieg verschont hatte, zum Beispiel am Caprivistreifen.


In diesem Zusammenhang fand Harald Modell und Bauanleitung für einen Sonnenofen bei einem Schweizer Erfinder, der die Nutzung und Verbreitung gestattete. Wir versuchten gleich 1990/91, das Kochen mit Sonne zur Einsparung von Holz publik zu machen, aber es fand sich noch keine selbstständige Werkstatt, die die Sonnenöfen produzieren und ein Marketing aufbauen konnte. So schlief die Idee wieder ein, denn es ist schwer, jahrhundertealte Traditionen zu verändern.


In den Jahren 1998 und 1999 flogen dann je zehn bremische Frauen nach Namibia. Dort haben wir zehn namibische Frauen eingeladen und mit ihnen in der Tischlerei des Berufsbildungswerkes Valombola Vocational Training Center Sonnenöfen gebaut. Die namibischen Frauen waren nach dem Gesichtspunkt als Multiplikatorinnen ausgesucht worden. Unter der Anleitung von zwei namibischen Tischlerinnen haben wir gesägt, geschraubt, verglast, verkleidet, gestrichen und beide Male zehn Sonnenöfen hergestellt, die alle der Dichtigkeitsprüfung standhielten. Denn es darf während der Garzeit keine Wärme entweichen.


Auf einem Platz in Oshakati veranstalteten wir ein Schaukochen. Vor den Augen der Zuschauer stellten wir das Essen vormittags um zehn Uhr in die Sonnenöfen. Die Leute prüften, ob wir das Fleisch oder das Gemüse nicht vorgekocht hätten. Wir forderten sie dann auf, mittags um ein Uhr zum Essen zu kommen. Kopfschüttelnd zogen sie ab, waren aber pünktlich wieder da. Wir verteilten über hundert Portionen Essen, angefangen bei den beliebten Raupen, über den Hirsebrei Oshifima, die verschiedensten Sorten Fleisch, Gemüse, Brot, süßen Auflauf.

Für dieses Projekt haben wir einen Zuschuss bekommen von der Bremischen Evangelischen Kirche, jede Bremer Frau bezahlte 4.000 D-Mark, damit wir die namibischen Frauen einladen und versorgen und die Materialien für die Sonnenöfen kaufen konnten.


Die beiden namibischen Tischlerinnen und inzwischen eine Dritte führen seitdem das Projekt weiter.

Ein Sonnenofen ist eine Kochkiste. Alte Leute hier werden sich erinnern, dass es während und nach dem Krieg hier wenig Strom und Gas gab, und dass man eine ausgepolsterte Kochkiste hatte, in die man das Essen reinstellte zum Garwerden.


Der Sonnenofen ist also eine Kiste, drinnen noch eine Kiste, dazwischen Isoliermaterial. Das können Hobelspäne sein, geknülltes Papier, ausrangierte Wollsachen; wir haben Styropor verwendet als Isolierung. Auf den doppelten isolierten Kasten kommt ein Rahmen und darauf der Deckel. In den Deckel sind zwei Scheiben Fensterglas eingelassen. Wenn die Arbeit präzise ausgeführt ist, entstehen darin + 150 Grad Celsius. Ein weiterer Deckel deckt den Ofen zu, wenn er nicht benutzt wird. Die Innenseite ist mit Alufolie bestückt, die während des Kochprozesses die Einstrahlung der Sonne verstärkt. Dieser Deckel kann je nach Sonnenstrahlung im Winkel verstellt werden mit einem einfachen Stock und Bindfaden. Jeder kann dieses Gerät bedienen, kein Klapparatismus, kein Bedarf an Holz, Gas oder Elektrizität. Die Hausfrau braucht nicht mehr zu stehen und zu rühren und die ganze Kochzeit den Rauch einzuatmen. Sie kann in der Garzeit, die etwa drei Stunden dauert, ihre Arbeit erledigen.


Wir werden uns bemühen, die Bauanleitung nochmals herzustellen, damit Interessierte sich hier einen Sonnenofen bauen können. Wir haben hier in Bremen verschiedentlich Kochvorführungen gemacht, und es gab Seminare zum Bau von Sonnenöfen.

Wenn wir entsprechende Nachrichten erhalten, können wir gern mit der „bremischen“ Sonne kochen.