Vereinsgeschichte

Der Verein PRAKTISCHE SOLIDARITÄT INTERNATIONAL e.V. wurde im September 1985 gegründet als „Entwicklungshilfe von Volk zu Volk“

 

Geschichte

Harald Schütt hatte als Solidaritätsarbeiter im südlichen Afrika die Apartheidgesetze und deren unmenschliche Durchführung kennen gelernt. Er kam zurück nach Bremen und sagte, er wolle sich jetzt um Namibia kümmern, die letzte Kolonie in Afrika und von Südafrika aus durch die Apartheidspolitik unterdrückt.

Südafrika hatte von England den Auftrag des Völkerbundes nach dem ersten Weltkrieg übernommen, das ehemalige Deutsch-Südwest-Afrika zu verwalten und in die Unabhängigkeit zu führen. Südafrika verfolgte hingegen die Politik der endgültigen Besitznahme des Landes. Im Jahre 1948 wurden die Apartheidgesetze auf Namibia ausgeweitet, die eine absolute Rechtlosigkeit, Schutzlosigkeit und vorsätzlichen Mangel an jeglicher Fürsorge für die schwarzen Ureinwohner und abgestuft auch für Mischlinge beinhalteten.

Die Vereinten Nationen hatten in ihrer Entschließung 435 klargestellt, dass Namibia zu Unrecht von Südafrika besetzt und beherrscht war, und dass es nicht weiterhin gestattet sein sollte, die Bodenschätze auszubeuten. Trotz dieser verbindlichen Erklärung ging die Unterdrückung noch zehn Jahre weiter.

Die verzweifelten schwarzen Einwohner gründeten die SWAPO – South-West-African-People’s Organisation – die unbewaffneten Widerstand leisten und durch Hilfe der UNO und anderer Staaten die Unabhängigkeit erreichen wollte. Als die Unterdrückung immer blutiger wurde, Menschen wurden verhaftet, gefoltert, getötet ohne Beweise, ohne Gerichtsbarkeit, ohne Nachricht an die Familien, und von außen keinerlei Hilfe kam, entschloss sich die SWAPO, den bewaffneten Kampf aufzunehmen. Nun wurden durch die weit überlegenden südafrikanischen Soldaten homesteads niedergebrannt, Familien ausgerottet, deren einer ins Exil gegangen oder sich dem Kampf angeschlossen hatte.

Die Vereinten Nationen hatten die SWAPO als alleinige legitime Vertretung des namibischen Volkes anerkannt.

Vor diesem Hintergrund initiierte Harald und Edith Schütt mit ihrer Familie und ihren Freunden den Verein, der sich ausdrücklich im Namensteil „von Volk zu Volk“ zu direktem Beistand für die Menschen verpflichtete.

 

Der Verein fragte an bei der SWAPO, womit wir helfen könnten. „In unserem Flüchtlingslager in Quanza Sul leben 40.000 schwarze Namibier; sie brauchen alles. Dringend sind Werkzeuge für die Bodenbearbeitung, damit für die Ernährung etwas angebaut werden kann.“ Wir lieferten Material an die Bremer Arbeitslosenselbsthilfe, die dann solche Werkzeuge für uns herstellte. Wir veranstalteten Flohmärkte, Straßensammlungen und Informationsstände und konnten acht Container mit Hilfsgütern in dieses Flüchtlingslager schicken. Unsere Arbeit wurde vom UNO-Flüchtlingsrat UNHCR überprüft, diese Organisation bezahlte dann die Container und die Fracht. Wir verhandelten mit dem Bremer Senatspräsidenten, dass zwei todkranke Kinder aus dem Flüchtlingslager hierher kommen konnten und behandelt wurden. Beide wurden gesund.

Allmählich entstand zusätzlich zu den Bemühungen der UNO ein internationaler Druck, und Namibia errang seine Unabhängigkeit am 21. März 1990.
Ausladen der Hilfsgüter
Nach der Unabhängigkeit schickten wir 15 Container mit Hilfsgütern nach Namibia. Wir machten Krankenhausaktionen und verluden ein ganzes Wochenende Krankenhausbetten, Nachttische und Matratzen aus einem Krankenhaus in unsere Container. Ein anderes Krankenhaus spendete einen Anhänger voll Ärzte- und Schwesternkittel und Bettwäsche.

In einem Projekt „Überschuss vom Sommerschluss“ spendeten Kaufhäuser und Einzelhändler Sommerkleidung und Schuhe für Männer, Frauen und Kinder.

Die Bremer Entsorgungsbetriebe sammelten Werkzeug und ließen es Stück für Stück sorgfältig aufarbeiten, so dass wir in Namibia heimgekehrte Flüchtlinge, die im Exil einen handwerklichen Beruf erlernt hatten, mit Werkstatteinrichtungen versorgen konnten.
Wir sammelten auch Nähmaschinen, die an Absolventinnen einer Berufsschule abgegeben wurden. Eine Nähmaschine oder ein bestimmtes Werkzeugsortiment kann die Existenz für eine Familie sichern.

Bei einer Veranstaltung auf dem Bremer Marktplatz hatten wir einen Container aufgestellt und zu Spenden aufgerufen.
Ein Schlossermeister kam und verfrachtete seine komplette Werkstatt in den Container: er hat sich zur Ruhe gesetzt und freut sich, wenn seine Werkstatteinrichtung noch so eine gute Verwendung findet.


Im Winter haben wir auf der Straße Waffeln gebacken und über 10.000 D-Mark erwirtschaftet.


Nach der Unabhängigkeit mussten wir die Container selbst kaufen. Die Fracht wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) bezahlt.
Mit einem Zuschuss vom BMZ konnten wir ein Blutspendeauto in Namibia kaufen und medizinisch einrichten, das landesweit Blutspenden einsammelt und austeilt. Das medizinische Personal betreibt zusätzlich Aufklärungsarbeit und Vorsorge gegen HIV/Aids.
Dieser Arbeit kommt enorme Bedeutung zu, weil weitgehende Tabus den Zugang zu jeglichem Wissen versperren und andererseits gefährliche „Heilungsversprechen“ herumgehen, die zu einer massenhaften Vergewaltigung kleiner Mädchen führten.

In der Bremer Arbeitslosenselbsthilfe wurden junge Leute ausgebildet, die keine Lehrstelle gefunden und meist auch nicht die Voraussetzungen dafür hatten. Die Werkstatt durfte nichts verkaufen, sie wurde von der Behörde bezahlt und durfte der Wirtschaft keine Konkurrenz machen. Für die Auszubildenden war es eine gute Möglichkeit, im Rahmen der zu erlernenden Fähigkeiten Gegenstände für die Menschen in Namibia herzustellen. Sie fertigten Schultafeln, Wagen zum Wasserholen, die einen umkehrbaren Kasten hatten, damit auch andere Güter und auch Schulkinder auf den überall sehr weiten Wegen befördert werden konnten. Von uns konstruierte Rollstühle mit Fahrradrädern und die Kissen dazu wurden ebenfalls in größerer Anzahl hergestellt. Aus der Spende einer Sanitärfirma von 32 defekten Rollstühlen konnten wir 23 funktionstüchtige Rollstühle herstellen. Diese Rollstühle wurden nur in der Stadt verteilt, damit sie nicht nach kurzer Zeit im Sand steckenblieben und unbrauchbar wurden.

Wir haben dann einmal ein Jahr lang und dann noch einmal drei Monate lang diese Hilfsgüter im ganzen Land verteilt und waren immer wieder erfreut und begeistert, wieviel diese Spenden bewirken konnten. Eine Frau hatte sieben Monate lang nicht von ihrer Matratze an der Erde aufstehen können. Sie bekam einen Rollstuhl, einen Toilettenstuhl und Wäsche. Nun konnte die Tochter die Mutter mitnehmen und ihre Arbeit machen, um die Familie zu ernähren.

In einer Gegend, wo es kein Auto und weit und breit kein Telefon gab, saßen kranke Menschen am Weg und warteten, dass der Leiter der Berufsschule zum Wochenende zu seiner homestead nach Hause kam. Er verbrachte sein halbes Wochenende damit, für die Kranken Hilfe zu suchen und/oder sie in eine Klinik zu bringen. In dieser Abgeschiedenheit richteten wir eine Krankenstation ein in der Weise, dass wir das Geld für Zement und die Einrichtung mit Betten, Nachttischen, Schreibtisch, Stühlen und Medikamentenschrank zur Verfügung stellten und die Bewohner die Station in Gemeinschaftsarbeit errichteten. Dann wandten sie sich an die Regierung, und es kommt wöchentlich (oder alle zwei Wochen) eine examinierte Krankenschwester dorthin, die die Kranken behandelt oder mitnimmt ins Krankenhaus. Nach zwei Jahren hatten wir die Freude, dabei zu sein, als die Station vergrößert wurde.

Wir sehen und erleben, wie viel man mit diesem direkten Zugriff bewirken kann. Wir wurden durch Hinweise auf Kranke in abgelegenen homesteads aufmerksam gemacht, die von keiner übergeordneten Instanz entdeckt wurden, derentwegen immer eine Person zu Hause bleiben musste. Vielfach konnte durch die direkte Hilfe die Situation der ganzen Familie verbessert werden.

Da wir alle ehrenamtlich arbeiten, konnte mit unseren geringen Mitteln viel bewirkt werden.