Bodenverbesserungsprogramm im Norden Namibias

Die Mehrzahl der schwarzen Bevölkerung Namibias lebt im Norden. Dorthin wurden die Schwarzen Ende des 19. Jahrhunderts umgesiedelt, weil die Kolonisatoren an diesem kargen Land kein Interesse hatten. Das gesamte fruchtbare Land blieb in der Hand der Weißen.

 

Während des Befreiungskampfes Ende der achtziger Jahre im 20. Jahrhundert wurden durch die südafrikanischen Soldaten Wälder und Baumbestände abgeholzt. Die Schwarzen mussten weitere Bäume fällen, um an Stelle ihrer niedergebrannten Homesteads neue Wohnstätten zu errichten, und um zu kochen.

 

So addierten sich die ursprüngliche Kargheit, die Vernichtung des Baumbestandes und die jetzige Klimaveränderung zu einer flächendeckenden Armut, die PSI mit großer Sorge beobachtete.

 

Im Jahr 2010 wurden wir bekannt gemacht mit einem Forschungsergebnis des japanischen Professors Teruo Higa, wonach aride Böden durch Anreicherung mit Effektiven Mikroorganismen (genannt EM, bestehend aus mindestens 85 Bakterien) zum Beispiel in Japan dreifache Reisernten hervorbrachten. EM wird inzwischen in über 150 Ländern angewendet. Wir beschlossen, dem Land Namibia ein Bodenverbesserungsprogramm für den kargen Norden zu widmen.

 

Das Ziel ist, die Lebensbedingungen der dortigen Bewohner zu verbessern. Schwarze Bürger haben Land erhalten, sie haben aber keinerlei Ausbildung und Voraussetzung für eine einträgliche Bewirtschaftung; sie sind konfrontiert mit aridem, magerem, sandigen Boden und extremen Wetterbedingungen.

 

Im Rahmen unseres Projektes werden Arbeiter ausgebildet in der Handhabung der Bodenbearbeitung mit EM. Sie helfen diesen Kommunalfarmern, vor allem den alleinstehenden Frauen mit ihren Kindern, bei der Bewirtschaftung ihrer Felder und in der nachhaltigen Verwendung der innovativen Anbaumethode. Es soll zu einem Teil Viehweide angelegt werden, zum anderen Teil die bisher in Monokultur angebaute Perlhirse und gleichzeitig Gemüse, um die Ernährung zu verbessern und möglichst Überschüsse zu erzielen, die auf dem Markt verkauft werden können.

 

Wenn nach einer Vegetationsperiode Erfolge vorzuweisen sind, sollen andere Kommunalfarmer und die Regierung einbezogen werden, um die EM-Bearbeitungsmethode auf weitere Gebiete im Norden des Landes auszubreiten.

 

Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Wiederaufforstung, um der Wüstenbildung und der bedrohlichen Auswirkung des Klimawandels zu begegnen.

 

Das Projekt soll in der Region Kavango im Dorf Kaisosi durchgeführt werden. Die Population der Kavango-Region umfasst 202.694 Bewohner, etwa die Hälfte sind Kinder. 72 % der Bevölkerung leben auf dem Lande. Circa 54 % der Haushalte werden von Frauen geführt, davon haben 16,8 % der Frauen keine Bildung. Etwa 30 % der dort Lebenden sind Analphabeten.

 

Die Bevölkerung lebt fast ausschließlich von regenabhängiger Subsistenzlandwirtschaft. Sie lebt in größter Armut und ist mangelernährt. Die Jugend wandert ab in die Slums der Städte. Die Arbeitslosigkeit ist höher als der Landesdurchschnitt von 51,4 %. Das durchschnittliche Bildungsniveau ist das niedrigste in ganz Namibia. 55,3 % der Bevölkerung haben Grundschulwissen, nur 6,2 % haben die Grundschule abgeschlossen.

 

Durch die innovative Anwendung von EM (Effektive Mikroorganismen) soll der aride Boden fruchtbar gemacht werden, um höhere Erträge zu erwirtschaften und damit die mangelhafte Ernährungssituation der Bevölkerung zu verbessern.

 

14 arbeitslose Bewohner sollen eine fachliche Ausbildung erhalten, verbunden mit dauerhaften Arbeitsplätzen und einer dauerhaften Zukunftsperspektive. Durch Schulung und Dokumentation der Zielgruppe wird die Weiterführung und Weiterverbreitung dieser innovativen Bearbeitungsmethode gesichert.

 

Das Projekt wird wissenschaftlich von Professor Ibo Zimmermann vom Polytechnikum Windhoek und zwei Studenten begleitet. Das Ergebnis der ersten Vegetationsperiode wird überprüft und ausgewertet.

 

Die Durchführung des Projektes und die Sicherung der Nachhaltigkeit ist gewährleistet durch die Zusammenarbeit mit der erfahrenen NGO (Nichtregierungs-Organisation) KOMEHO mit Verwaltungs-Sitz in Windhoek.

 

PSI und KOMEHO kooperieren seit den späten neunziger Jahren. Die Zusammenarbeit zum Thema EM (Effektive Mikroorganismen) ist zustande gekommen, als PSI sich nach einer geeigneten Partnerorganisation umgesehen hat und bei KOMEHO auf großes Interesse stieß. Die Mitarbeiter von KOMEHO, die in Kaisosi arbeiten, hatten während ihrer Ausbildung an dem Polytech of Namibia schon von EM gehört, brauchen aber die Gelegenheit zur praktischen Anwendung, um ihre Kenntnisse vertiefen zu können und die Anwendung weiter zu verbreiten. Durch gemeinsame Planungsgespräche kam es zu der Übereinkunft, dieses Projekt zusammen durchzuführen.

 

Die von PSI beobachteten und mitgemachten landwirtschaftlichen Aktivitäten sehen derzeit folgendermassen aus:

 

Um eine Homestead herum werden mit einem dicken Stock von Hand Rillen in den sandigen Boden gezogen. In die Rillen wird das Saatgut eingebracht. Die Kinder der Farmer bedecken das Saatgut per Hand. Es wird Monokultur betrieben, dadurch laugt der Boden zusätzlich aus. Das Ernteergebnis ist völlig abhängig vom Wetter, Tierfrass (Ziegen) und Befall von Ungeziefer. Die erwirtschafteten Erzeugnisse reichen oft nicht aus, die Familien zu ernähren. Dadurch herrscht verbreitet akute Mangelernährung.

 

Bisher lebt die Bevölkerung von boden- und wetterabhängigen Ernten. Die Menschen leben buchstäblich von der Hand in den Mund. Man kann sagen, dass ausschließlich Hirse angebaut wird. Nur an den Ufern des Kavango-Flusses gedeihen in manchen Jahren Tomaten, Karotten und Kohl für den Eigenbedarf.

 

Durch den Klimawandel hat die Region entweder zu viel oder meistens zu wenig Regen. 2011 hatte es in Kaisosi zu viel geregnet, so dass durch die Überflutung die Vorräte für das laufende und die Aussaat für das kommende Jahr zerstört wurden. Das Hauptproblem ist der sandige Boden, der keinerlei Wasser halten kann, so dass das Saatgut nach dem Regen schnell wieder auf trockenem sandigen Boden steht.

 

 

PSI hat sich folgende Ziele gesetzt:

  • Armutsbekämpfung durch wirksame Wirtschaftsförderung.
  • Gezielte Verbesserung der landwirtschaftlichen Aktivitäten bei gleichzeitiger Anleitung der Kommunal-Farmer und der allein wirtschaftenden Frauen zur großflächigen Verwendung von EM anstelle von chemischen Kunstdüngern und Pestiziden.
  • Lebensmittelsicherheit zu erreichen.
  • Verbesserung des Gesundheitszustandes durch Anleitung zum Anbau verschiedener Agrarprodukte.
  • Schaffung von Arbeitsplätzen in der Kavango Region. Inzwischen wurde in Kaisosi ein Versuchsfeld angelegt mit unterschiedlicher Beschickung verschiedener Ingredienzien wie EM, Holzkohle, Gründünger, Luquasorb (zur Erhaltung der Bodenfeuchtigkeit) und Saatgut.